Nach 14 Jahren hat Pornhub erstmals einen Transparenz-Bericht veröffentlicht. Aber Pornhub beantwortet darin kaum, was die Öffentlichkeit seit Monaten wissen möchte: Wie groß das Problem sexualisierter Gewalt wirklich ist.
Eine Petition mit mehr als zwei Millionen Unterschriften, drohende Regulierung, ein Gerichtsverfahren mit inzwischen 50 Kläger:innen, und eine öffentliche Schelte vor dem kanadischen Parlement: Wohl noch nie stand Pornhub, eine der meistbesuchten Websites der Welt, so sehr in der Kritik.
Die Kritik dreht sich um Fälle von Menschen, die niemals vor einem Millionenpublikum nackt zur Schau gestellt werden wollten. Es geht um Spanneraufnahmen und um sexualisierte Gewalt, teilweise auch an Minderjährigen. Jahrelang wurden Probleme auf Porno-Plattformen kaum von Nachrichtenmedien beachtet, jetzt ändert sich das.
Der erste Transparenzbericht der Plattform ist wohl als ein Versuch zu werten, den eigenen Ruf zu retten. Auf den ersten Blick scheint das auch zu gelingen. Pornhub setzt nach eigenen Angaben gleich fünf Technologien ein, um automatisch Uploads zu überprüfen, und arbeitet mit 44 Organisationen zusammen, die als vertrauenswürdige Hinweisgeber:innen gelten, sogenannte „Trusted Flaggers“.
Aber was bedeutet all das praktisch? Bei näherem Hinsehen zeigt sich: Die Zahlen im Transparenzbericht sind nur bedingt aussagekräftig, und besonders transparent ist an dem Bericht wenig.
Pornhub teilt die im Jahr 2020 entfernten Inhalte in drei Gruppen ein:
- gelöscht, weil „potentially offending“: 653.465 Fälle
- nach Upload gelöscht, weil Urheberrechts-Verstoß: 544.021 Fälle
- per Uploadfilter gelöscht, weil Urheberrechts-Verstoß: 106.841 Fälle

Leider sind diese Kategorien so grob gewählt, dass das Problem sexualisierter Gewalt darin komplett untergeht. Unter „potentially offending“ fallen unter anderem Aufnahmen von „Fäkalien“ sowie Hate Speech in der Kommentarfunktion. Es scheint, der Transparenzbericht soll vor allem einen vagen, positiven Eindruck hinterlassen, aber bloß keine möglichen Angriffsstellen bieten.
Zum Vergleich: Außerordentlich detailliert ist Pornhub bei der jährlichen Veröffentlichung der beliebtesten Suchanfragen. Im Jahr 2019 zeigte Pornhub etwa, aufgeschlüsselt nach US-Bundesstaaten, welche Porno-Genres bei Frauen besonders beliebt sind. In South Dakota werde demnach nach gern das Genre „Vintage“ geschaut, in Ohio ist es „Feet“. Das ist schon sehr spezifisch.
Alles andere als spezifisch ist die Kategorie „potentially offending“ im Transparenzbericht. Ein diskriminierender Wortbeitrag fließt offenbar genauso in die Zahl entfernter Inhalte mit ein wie eine gefilmte Vergewaltigung. Die Zahlen sind dadurch kaum aussagekräftig. Pornhub hätte entfernte Inhalte genauso gut einteilen können in: „Dinge, die an einem Mittwoch gelöscht wurden“ und „Dinge, die von Linkshändern gelöscht wurden“.
Ich halte es zudem für möglich, dass weitere Fälle von bildbasierter, sexualisierter Gewalt in der Kategorie „Urheberrechtsverletzung“ gelandet sein könnten. Zumindest bei xHamster werden solche Fälle gerne über das Formular für Copyright-Verletzungen abgewickelt.
Immerhin benennt Pornhub konkret die Anzahl von Fällen gefilmter sexualisierter Gewalt gegen Kinder: Demnach seien es im Jahr 2020 insgesamt 4.171 Fälle gewesen.
Eine Zahl lässt Pornhub im Transparenzbericht untern Tisch fallen, und was für eine. Pornhub hat im Dezember 2020 rund 10 Millionen Videos offline genommen – das waren alle Uploads von nicht-verifizierten Nutzer:innen. Nimmt man sie in die Statistik mit auf, sieht alles ganz anders aus.

Ohne zumindest einen Verdacht auf mögliche Probleme hätte Pornhub wohl kaum 10 Millionen Videos auf einen Schlag offline genommen. Aber welche Probleme es in welchem Ausmaß mit diesen Videos gab, bleibt ungewiss.
Es gibt noch eine Zahl, die ins Auge fällt: Im Jahr 2020 erreichten Pornhub nach eigenen Angaben immerhin 1.081 rechtliche Ersuchen. Die meisten (483) kamen demnach aus den USA – doch auf Platz zwei befindet sich bereits Deutschland (70).

Es lässt sich nicht abschließend sagen, ob sich die besondere Platzierung von Deutschland darauf zurückführen lässt, dass hierzulande überproportional viele Vergehen im Zusammenhang mit Porno-Plattformen begangen werden – oder dass Behörden besonders fleißig Anfragen stellen.
Viele Recherchen, unter anderem von meiner Kollegin Yannah Alfering, legen aber nahe: Es gibt offenbar viele Fälle sexualisierter Gewalt auf Porno-Plattformen, und es gibt Betroffene, die lieber nicht zur Polizei gehen.
Im Transparenzbericht zeigt Pornhub außerdem eine schematische Darstellung über den Ablauf der Content Moderation. Demnach müssen Uploader:innen zunächst bestätigen, dass hochgeladene Inhalte den Nutzungsbedingungen entsprechen. Danach komme eine Kombination aus menschlicher Moderation und automatischen Systemen zum Einsatz.
Inhaltlich ist das bereits bekannt. Wie David Tassilo, COO der Pornhub-Mutter Mindgeek, jüngst in einer Anhörung vor dem kandaischen Parlament bestätigte, würde jeder Inhalt auf der Plattform vor dem Upload von einem Menschen überprüft. Nicht erklärt hat Tassilo aber, wie sorgfältig diese Überprüfung angesichts der Flut an Uploads überhaupt ausfallen könne. Seine Antwort auf die konkrete Nachfrage in der Anhörung war ausweichend.
Fazit: Im Vergleich zur Konkurrenz xHamster gibt Pornhub immerhin Details preis. Die Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen ist ein Schritt nach vorn. Trotzdem ist der erste Transparenzbericht von Pornhub in vielen Teilen eher ein Opazitätsbericht.