Im Oktober 2018 wollte Rumänien durch ein Referendum die Ehe für alle per Verfassung verbieten. Der TV-Beitrag des Heute Journal darüber war ein Beispiel dafür, wie die scheinbar neutrale Gegenüberstellung von extremen und liberalen Standpunkten zu einem diskriminierenden Ergebnis führt.
Am 6. Oktober berichtete das Heute Journal über ein Referendum in Rumänien: Die Ehe für alle sollte per Verfassung verboten werden. Auch wenn das Referendum am Ende scheiterte, weil zu wenig Menschen sich beteiligten: Das diskriminierende Vorhaben der rumänischen Regierung hatte auch diskriminierende Berichterstattung in deutschen Medien zur Folge.
Ich habe hierzu beispielhaft den TV-Beitrag des Heute Journals untersucht und darüber getwittert. Die Twitter-Analyse erschien daraufhin als Lesetipp in der wochentäglichen Reihe 6vor9 des BildBlog.
Das Ausmaß der Diskriminierung durch die geplante Verfassungsänderung wurde im TV-Beitrag nur mangelhaft eingeordnet, vor allem durch O-Töne. Begriffe, die im Beitrag nicht zu hören waren: Diskriminierung, Unterdrückung, Ungleichwertigkeit, Ehe für alle, LGBT, Menschenfeindlichkeit. Dagegen waren folgende Begriffe im Beitrag zu hören: Homophobie, Hassrede, nicht normal, traditionelle Familie, Adam und Eva, Sodom und Gomorrha.
Hier die insgesamt 155 Sekunden des Beitrags als Tortendiagramm, inhaltlich aufgeteilt nach (a) vorwiegend homofeindliche O-Töne und zitierte Propaganda – 68% sowie (b) vorwiegend Kritik an Referendum und an rumänischer Politik – 28%.
Als Zeitstrahl dargestellt verteilen sich die inhaltlichen Schwerpunkte wiefolgt:
Auch ein Überblick der zu Wort kommenden Köpfe zeigt ein manifestes Ungleichgewicht.
Ergebnis: Der TV-Beitrag bildet schwerpunktmäßig reaktionäre, homofeindliche Standpunkte ab. Er ordnet zwar ein, dass das Referendum vor anderen politischen Problemen ablenken soll. Nicht aber, dass es auch an sich durch und durch diskriminierend ist.
Für die tägliche Arbeit von uns Journalist*innen heißt das: Schon die Wortwahl und die Auswahl der Gesprächspartner*innen kann maßgeblich entscheiden, ob ein Beitrag eher sachlich oder eher diskriminierend ist. Die bloße Faustregel beide Seite müssen zu Wort kommen reicht nicht aus, um Mechanismen der Unterdrückung und Herabwürdigung gerecht zu werden.