Es ist ein Kunstwerk.

| Dieser Beitrag ist zuerst im Februar 2017 auf Bayern 2 erschienen. Das Radio-Manuskript wurde leicht angepasst |

Dieses Smartphone-Spiel ist ein Kunstwerk: „Star Wars: Force Arena“, allein für Android über fünf Million Mal heruntergeladen (Stand: Juli 2018), hat schon jetzt einen Platz im Museum verdient. Bitte nicht falsch verstehen. „Star Wars: Force Arena“ ist kein Kunstwerk, weil es die Fantasie der jungen und alten Star-Wars-Fans beflügeln würde. Oder weil es einen wertvollen Beitrag liefern würde zur mobile Gaming-Kultur.

Es ist ein Kunstwerk, weil es mit Abstand das dümmste und schlimmste Spiel ist, das ich je getestet habe.

Das Spielprinzip lautet: Töte den Feind. Auf einem Schlachtfeld in billig programmierter 3D-Optik kämpft Gut gegen Böse, Luke Skywalker gegen Darth Vader. Als Spieler laufe ich zum Beispiel in der Rolle von Luke Skywalker auf einem Planeten herum. Das böse Imperium beschießt mich mit Laserkanonen. Per Fingertipp fordere ich Verstärkung an. Wenige Minuten Lasergeballer, dann hat jemand gewonnen.

 

Strategisches Denken ist genauso unnötig wie Geschick oder schnelle Reaktionen. Das Spiel könnte auch ein Vierjähriger steuern. Fast schon spielt es sich von allein. Was ich wirklich zum Sieg beitragen kann: Geld, Geld, Geld.

Stellen wir uns vor, ich will mehr Wookies haben. (Für alle Trekkies: Das sind zottelige Aliens, die mir beim Kampf gegen das Böse helfen und die in den Filmen gurgelnde Schreie von sich geben, die klingen wie das schrille Quietschen beim Stühlerücken.)

Nur mit mehr Wookies kann ich (erstens) Spielpunkte, (zweitens) Leistungspunkte und (drittens) Ränge gewinnen, was offenbar erstrebenswert ist. Dafür muss ich aber drei virtuelle Währungen ausgeben:

  1. Mit Energieeinheiten muss ich meine Wookies im Kampf versorgen.
  2. Mit Kredits muss ich meine Wookies upgraden.
  3. Und nur mit Kartensätzen kann ich neue Wookies anfordern.

Diese Ausdifferenzierung der Währungen und Highscores ist übrigens genauso beliebig und sinnlos, wie sie klingt. Und nach gewisser Zeit brauche ich für erkennbare Fortschritte echtes Geld. Der billigste In-App-Kauf kostet 1,09 Euro. Der teuerste: 109,99 Euro. (Stand: Juli 2018)

„Star Wars: Force Arena“ könnte ein Mathe-Trainingsprogramm fürs Rechnen mit Wechselkursen sein. Es ist übrigens völlig egal, welcher meiner virtuellen Streitkräfte ich wann aufwerte. Das Spiel wird davon weder flüssiger noch schöner oder befriedigender. Am Ende kann ich nur noch mehr Punkte sammeln.

Für Android ist „Star Wars: Force Arena“ ab sechs Jahren freigegeben. Das Spiel will offenbar Kinder darauf konditionieren, Einkäufe zu machen. Sowas versuchen zwar viele Apps. Aber „Star Wars: Force Arena“ treibt das an die Spitze, denn die App verzichtet dabei auf ein ernst zu nehmendes Spielerlebnis.

Wer also glaubt, es geht im Spiel ums Kämpfen, hat sich getäuscht. Der Kampf ist nur eine Geduldsprobe, die dazu dient, Punkte zu sammeln. Eigentlich will man als Spieler*in nur, dass die Runde schnell vorbei ist, um die neuen Zahlen zu checken: wie viele Streitkräfte gibt es, wie hoch ist der virtuelle Kontostand? Der eigentliche Sinn des Spiels ist das Sammeln, oder besser gesagt: Das Besitzen hoher Beträge. Es ist ein sinnentleertes Besitzen, eine stumpfe Freude an der wachsenden Zahl.

„Star Wars: Force Arena“ ist kein Spiel, bei dem die Entwicker*innen nebenher ein Bisschen Geld verdienen können. Es ist eine Geldmaschine, mit der wir nebenher ein bisschen spielen dürfen. Die App überzeichnet den Kommerz der Handyspiele-Industrie so deutlich: Sie ist eine Karikatur auf die Handyspiele-Industrie. Und als Karikatur ist „Star Wars: Force Arena“ ein Kunstwerk. Fragt sich nur: Was mache ich jetzt mit meinem mühsam erspielten Wookies?

Foto: Screenshot aus dem Google Play Store von Netmarble