Es ist nicht alles Krieg, was kämpft. Begriffe wie Bot-Armee und Cyberkrieg schüren unnötig Angst vor „diesem“ Internet.

| Dieser Beitrag ist zuerst im April 2017 auf Bayern 2 erschienen. Das Radio-Manuskript wurde zur besseren Lesbarkeit leicht angepasst |

Virtuelle Armeen im Cyberspace: Wenn es um Hacker*innen und Bots geht, sind die Nachrichten voller Kriegsmetaphern. Aber Kriegsmetaphern schüren unnötig Angst vor „diesem“ Internet. Es wird Zeit, einige Kampfbegriffe zu entschärfen.

Es geht schon los mit dem Wort „Bot-Armee“, das erinnert an eine Hundertschaft marschierender Roboter mit Blechköpfen, die Gewehre im Anschlag. „Bot-Armee“, das klingt nach apokalyptischer Science-Fiction, nach den Kampfmaschinen aus der Serie Battlestar Galactica.

Bots sind aber nicht aus Blech, sie sind Computer-Programme. Bots können auch nicht schießen, sie können… schreiben. Sie schreiben unermüdlich ins Netz, auf Twitter und Facebook. Manchmal ist es Propaganda, manchmal ist es einfach nur Werbung. Werbung für Donald Trump, oder für Online-Shops oder Erotikseiten. Das ist kein Krieg, das ist Informationsmüll. Social Bots sind keine Armee, sondern Nervensägen.

Noch so ein Wort: „Cyberattacke“. Wenn Angreifer*innen vor einem Militärschlag etwa die Stromversorgung und Krankenhäuser hacken und lahmlegen, dann ist das zweifelsfrei Kriegsführung.

Nun werden Behörden und Firmen aber täglich Opfer von sogenannten Attacken aus dem Cyberspace. Schüsse und Bomben fallen dabei nicht. Manchmal ist so eine „Attacke“ einfach nur eine Mail mit falschem Namen. „Klicken Sie hier und ändern Sie Ihr Passwort!“, heißt es dann in der Mail, und wer draufklickt soll Betrüger*innen sein Passwort verraten. „Öffnen Sie jetzt den Anhang!“, könnte auch in so einer Mail stehen, und wer den Anhang öffnet, fängt sich eine Software ein, die den eigenen Computer fernsteuert. Das ist Spionage, Sabotage, Datenklau. Das ist kriminell. Krieg ist das aber nicht.

Verbale Abrüstung muss her, und das fängt schon an bei dem scheinbar harmlosen Wort „Cyberspace.“ „Cyberspace“, das klingt nach einer düsteren Parallelwelt, wo anonyme „User“ mit ihren „Devices“ durch das „Web“ surfen. Wo aus einem pechschwarzen Himmel Einsen und Nullen regnen. Wo Bits und Bytes als neonpinke Blitze über ein Netz aus Datenautobahnen sausen. „Cyberspace“, das ist ein Angstbegriff, der nicht nur den Charme eines schon leicht vergilbten Science-Fiction-Romans versprüht, sondern tatsächlich durch einem solchen Roman groß wurde: Es ist der Cyberpunk-Klassiker Neuromancer von William Gibson aus dem Jahr 1984.

Dabei meint „Cyberspace“ heute bloß: das Internet, Alltag für uns alle. Cyberspace heißt E-Mails von Mama und Babyfotos vom Enkel. Cyberspace heißt mit Fabrik-Robotern ein Auto bauen und Öffnungszeiten vom Supermarkt googeln. Klar gibt es auch Kriminelle und Angriffe im „Cyberspace“. Aber das Netz wird ein Stück weniger bedrohlich, wenn wir uns Wörter wie „Bot-Armee“ und alles, was mit „Cyber“ anfängt, einfach abgewöhnen

Bild: Skeeze, Pixabay (CC0), bearbeitet