Smartphones machen das Leben schöner. Aber es braucht neue Gewohnheiten, damit wir mit der Technik besser klarkommen.
Dirk von Gehlen hat mir ein Blogstöckchen mit dem Motto #Smarterphone zugeworfen, und darüber schreib ich gern. Es gibt da einen Satz, der für mich den ganzen Irrsinn um vermeintliche Smartphone-Sucht zusammenfasst: „33 Prozent der Befragten bevorzugen ihr Smartphone gegenüber dem Umgang mit Menschen, die ihnen wichtig sind“. So steht es in einer Studie des Konzerns Motorola vom Februar 2018, die vor falschem Smartphone-Gebrauch warnen soll.
Im ersten Moment klingt das nach einer Katastrophe: Technik bedroht Menschheit. Die Interaktion mit leblosen Maschinen ersetzt das, was unsere Gesellschaft ausmacht; Kommunikation, Beziehungen, Liebe. Im zweiten Moment erweist sich dieser Satz aber als semantischer Bullshit, denn Smartphones und Kommunikation, das sind keine Gegensätze. Der Umgang mit dem Smartphone bedeutet in den meisten Fällen nichts anderes als Umgang mit Menschen, die einem wichtig sind.
Trotzdem ist was dran an dem Kampfbegriff Smartphone-Sucht, nämlich dass der Umgang mit Smartphones höllisch Spaß macht und zu viel werden kann. Ich würde das ganze aber eher Smartphone-Faible nennen, denn von einer Krankheit zu sprechen finden selbst Forscher übertrieben. Höchste Zeit, um praktische Beispiele zu sammeln, wie wir dieses Faible beherrschen lernen. Dirk von Gehlen hat dazu einen tollen Fragebogen geschrieben, und das sind meine Antworten.
Name: Sebastian Meineck
verbringt seinen Tag als… Redakteur bei Vice Motherboard
nutzt ein: Samsung Galaxy S5
Wie würdest Du Dein Verhältnis zu Deinem Smartphone beschreiben?
Das Smartphone ist für mich die beste Verbindung zu lieben Menschen, die ich gerade nicht face to face treffen kann. Noch nie waren mir meine Freund*innen, Eltern und Kolleg*innen, meine Workshop- und Festival-Bekanntschaften so nah. Dank Fotos, Chats und Sprachmemos lassen wir uns an unserem Leben teilhaben, egal, wo auf der Welt wir gerade sind.
Mittlerweile schüttele ich den Kopf über meine zeitraubenden Brief- und E-Mailfreundschaften der Nullerjahre. Damals war ich noch von der Stimme und dem Look meiner Freund*innen überrascht, wenn ich sie mal eins, zwei Jahre lang nicht treffen konnte. Heute weiß ich einfach, wie meine Leute aussehen und reden, wo sie unterwegs sind und was sie gerade beschäftigt. Ich finde, das Smartphone ist ein Segen für Freundschaften und Beziehungen.
Außerdem ist das Smartphone mein wichtigstes Werkzeug als Tech-Journalist. Nahezu alle Themen, über die ich schreibe, erreichen mich dort zuerst. Am wichtigsten ist der RSS-Feedreader, dann gibt es noch eine kleine Twitter-Liste, die ich jeden Morgen checke. Ohne den Kalender auf dem Smartphone würde ich ständig Termine vergessen. Meine tägliche To-Do-Liste und mein Lesezeichen-Archiv organisiere ich in einem privaten Workspace auf Slack.
Welche App/Funktion nutzt du am häufigsten?
WhatsApp, Smart Feed Reader, Slack, Twitter, YouTube, Google Maps.
Welche App/Funktion magst/nutzt du gar nicht?
Snapchat – ist nur auf meinem Gerät, weil ich es als Tech-Journalist verstehen möchte. Hat mich aber nie zum Mitmachen angeregt.
Instagram Storys – schaue ich gern von meinen engen Freund*innen, aber es wäre mir zu viel Arbeit, selbst welche zu machen.
Spiele-Apps – habe ich fast täglich genutzt, als ich noch die App-Tests für Spiegel Online Netzwelt geschrieben habe. Mittlerweile gar nicht mehr. Anstatt zu spielen schaue ich lieber, was in YouTube-Deutschland gerade Phase ist.
Facebook Messenger – ist mir zu unübersichtlich geworden, vollgepackt mit Zusatzfunktionen wie Games, Storys, Anrufen, Stickern und so weiter.
Facebook – Hat für mich massiv an Bedeutung verloren. Wenn ich neue Leute kennenlerne, füge ich sie meist nicht mal mehr als Kontakte hinzu. Meine Chronik verödet, auch die Beiträge meiner Freund*innen im Newsfeed fühlen sich halbherzig an. Am interessantesten sind ein paar geschlossene Gruppen, wo sich Kolleg*innen über Tech-Themen und Journalismus austauschen; aber auch dort poste ich kaum etwas.
Arbeit und Handy – wie regelst du das?
Ohne Handy kann ich nicht arbeiten, das liegt vor allem am Feedreader, Slack und Twitter. Manche beruflichen Kontakte erreiche ich am besten über WhatsApp und Signal.
Schwieriger finde ich die Frage: Wie regele ich Privates und Handy? Das klappt vor allem, indem ich die meisten Notifications ausschalte.
Welche Notifications hast du eingeschaltet?
Direktnachrichten via WhatsApp, Signal, Twitter und SMS. Die Notifications hierzu landen aber nur in der Menüleiste, nicht auf dem Lockscreen. Dort erscheinen nur Eilmeldungen von Spiegel Online. WhatsApp-Gruppen sind bei mir grundsätzlich stumm. Apps wie Facebook und Instagram habe ich vom Homescreen verbannt, um nicht gedankenverloren draufzutippen. Meine E-Mail-App aktualisiert sich nicht von alleine, sondern nur, wenn ich das anstoße. Das Telefon steht immer auf lautlos, weshalb ich fast alle Anrufe verpasse und später zurückrufe.
Warum?
Ich finde, Notifications müssten opt-in statt opt-out sein. Keiner sollte alle paar Minuten an Kleinigkeiten erinnert werden. Mich stören auch die rot hinterlegten Ziffern auf den App-Icons, die ungelesene Benachrichtigungen anzeigen. Eigentlich halte ich es für irrelevant, wer mir wofür ein Like hinterlassen hat. Aber wenn so eine Benachrichtigung erscheint, will ich sofort checken, was dahinter steckt. Das ist ähnlich verlockend wie eine offene Packung Kekse auf dem Tisch.
Deshalb stelle ich mir keine Kekse auf den Tisch und schalte so viele Notifications wie möglich ab. Letztlich will ich nur eines schnell mitbekommen: Wenn mir Freund*innen und Kolleg*innen persönlich schreiben und etwas von mir wollen.
Außerdem bekomme ich noch Eilmeldungen von Spiegel Online. Wenn es eine Breaking News gibt, über die plötzlich alle Kolleg*innen sprechen, möchte ich gleich mitreden können. Nur die Sport-Eilmeldungen von SPON nerven mich. Zu doof, dass man die immer noch nicht abschalten kann.
Hältst Du Dich an soziale Regeln bei der Smartphone-Nutzung? Wenn ja: Welche?
Ich schalte das Internet aus, wenn ich Quality Time mit Menschen verbringe, die mir sehr wichtig sind. Wenn wir dann doch Internet brauchen, zum Beispiel Google Maps, um den Weg zu finden, heißt es: keine Nachrichten checken.
Gibt es Regeln, die du wieder verworfen hast?
Ich dachte mir mal, das ist eine tolle Idee, wenn ich eine Stunde vor dem Schlafengehen komplett aufs Internet verzichte, um zu entspannen. Dann habe ich gemerkt: Wenn ich vorm Einschlafen Podcasts höre oder ASMR-Videos schaue, entspannt mich das viel mehr.
Zum Abschluss: Was sollten mehr Menschen im Umgang mit Smartphones wissen?
Erstens: Ihr könnt extrem viel erreichen, wenn ihr eure Gewohnheiten mit dem Smartphone verbessert. Das ist schlauer als Technik-Bashing oder kulturpessimistische Lamentos über die perfiden Angriffe der Entwickler auf unser Gehirn.
Zweitens: Smartphones können leicht gehackt und abgehört werden. Macht es Schnüfflern nicht leichter als nötig. Nutzt Passwörter, seid datensparsam und verschlüsselt eure Chats.
Ich werfe das Blogstöckchen weiter an Sirka Elspaß, Tomasz Niemiec und Ali Roodsari.
Foto: Pixabay (CC0)
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